Natürlicher Lebensraum:

Wir hatten das Privileg, 2018 das Habitat dieser meist gestreiften Tieflandvariante von R. imitator in Peru besuchen zu können. Die Frösche fanden wir recht nicht gerade häufig, wobei unser Focus auch auf den im Gebiet vorkommenden R. fantastica lag. Umso grösser war die Freude ganze 3 Ranitomeya-Arten im selber Habitat zu finden (R. imitator, R. fantastica und R. variabilis). Der Wald zeichnet sich aus durch einzelne alte und grosse Bäume, ist aber keineswegs Dicht. Es hat eher wenig Unterwuchs, dafür aber eine recht dicke Laubschicht am Boden. Zudem warf es recht trocken. Das Gebiet ist stark bedroht durch Abholzung zur Weide- oder Agrarlandgewinnung.

 

Fotos des Habitats und der gefundenen Frösche gibt es hier:

 

https://www.flickr.com/photos/101009571@N07/47681425962/in/album-72157706826951561/

 

Haltung:

Wir halten Ranitomeya imitator „Yurimaguas“ als Zuchtpaar (Nachzuchten aus einem Understorey Import (via Dutch Rana) 2019) in einem Terrarium mit den Massen von ca. (lxbxh) 60x60x55cm. Das Terrarium wie auch die baugleichen Nachbarterrarien werden mit 2x 26W LED etwa 11 Stunden pro Tag beleuchtet. Zusätzlich wird für ca. 2 Stunden pro Tag eine 35W HID UV Metalldampflampe zugeschaltet. Eine zusätzliche Heizquelle wird nicht zwingend benötigt, die Temperaturen liegen ganzjährig zwischen 20 und 30°C. Beregnet wird normalerweise 3 Mal täglich für ca. 10-15 Sekunden. Beim Füttern wird oft zusätzlich noch von Hand gesprüht.  

 

Nahrung

Wir füttern meist 2 Mal in der Woche. Den Hauptbestandteil der Nahrung machen bei R. imitator Blattläuse (Myzus periscae) und Springschwänze (Folsomia sp.) aus. Sie fressen aber auch gerne kleine und, wenn auch nur ungern, grosse Drosophila.

 

Verhalten und Zucht

R. imitator „Yurimaguas“ nutzt die ganze Beckengrösse und sind oft zu sehen; beim Jagen und Fressen, wie auch beim Balzen und der Brutpflege. Männchen können ausdauernd Rufen. Das Rufen erinnert mehr an das Pfeifen eines Vogels als an einen knapp 2cm grossen Frosch. 

Bei allen Morphen von R. imitator ist eine paarweise Haltung zu bevorzugen. Auch möglich scheint eine Haltung von 1.2 (1 Männchen und 2 Weibchen). In freier Wildbahn leben R. imitator jedoch meist monogam [3]. Oft wird von Erfahrungen gut gehender Gruppenhaltung von 5 oder mehr Tieren in grossen Terrarien berichtet. Wir haben bis jetzt nur negative Erfahrungen gemacht bei mehr als einem Tier eines Geschlechts je Terrarium, unabhängig von dessen Grösse. Dominante Tiere unterdrücken die anderen des gleichen Geschlechts was bis zum Verlust der schwächeren Tiere führen kann. Das Unterdrücken zeigt sich vor allem in Form von wilden Jagden, Gefolgt von Bespringen und Umklammern.  Man sagt jedoch, dass Tiere die zusammen aufgewachsen sind, untereinander verträglicher sind. 

Bei der Balz ruft das Männchen ausdauernd um das Weibchen anzulocken. Oft ruft es schon von der Stelle wo die Eiablage dann auch relativ bald stattfindet. Die Eiablage geschieht meist in den Blattachseln der Bromelien, oder aber auch an verschiedensten glatten, vertikalen Stellen wie Glasscheiben, Filmdosen oder Blättern. Das Gelege besteht normalerweise aus 2 bis 3 weissen bis hellgrauen Eiern mit relativ grosser Gallerthülle. Werden die Eier nicht in einer Filmdose abgelegt, belassen wir diese normalerweise im Terrarium. Nach etwa 2 Wochen transportiert das Männchen die Quappen einzeln in Wasser gefüllte Blattachseln oder andere kleine Wasserstellen. Das Männchen ruft auch danach für die kommenden knapp 3 Monate regelmässig zum Füttern der Quappen vom Wasserrand der kleinen Wasserstelle aus, damit das Weibchen unbefruchtete Nähreier zur Quappe ins Wasser legt. Es scheint, als würden die Quappen um Futter betteln wenn das Männchen morgens Kontrollrundgange im Terrarium macht. Das Männchen bleibt dann bei der Quappe und ruft dem Weibchen welches sich ins Wasser zur Quappe setzt und unter Wasser Nähreier ablegt. Die Chancen, dass sich die Quappen zum Frosch entwickeln sind durch diese Brutpflege sehr hoch. Erstaunlicherweise genügt dabei ein Wasservolumen von teilweise unter 20ml [4]. Ziehen die Elterntiere Quappen auf, reduzieren sie das Ablaichen und kümmern sich in erster Linie um die Aufzucht der Quappen. Wir konnten beobachten, dass bis zu 3 Quappen gleichzeitig versorgt werden. Werden die Gelege oder die Quappen aus dem Terrarium entnommen werden wieder neue, befruchtete Gelege produziert.

 

Handaufzucht

Die Filmdose mit dem Laich kommt bis zum Schlupf der Quappen in eine Plastikschale (zum Beispiel eine Heimchendose) mit Deckel und Lüftungslöchern. In der Plastikschale hat es einige mm Wasserstand. Bei Raumtemperatur dauert es etwa 2 Wochen bis zum Schlupf der Quappen. Schaffen es die Quappen nicht selbstständig aus der Gallerte auch wenn diese durch 1-2mm Wasserstand umspült und somit aufgeweicht wird, stechen wir diese mit einer feinen Ahle auf und überführen die Quappe in einen Joghurtbecher (150ml) mit einem Wasserstand von 2-3mm. Die Quappen sollten einzeln aufgezogen da sie stark kannibalisch sind. Der Wasserstand wird in den ersten 2 Wochen langsam auf 4-5cm (150ml) erhöht. Verwendet wird eine abgestandene Mischung aus Osmose- und Leitungswasser in welches noch getrocknete Eichenblätter und Eichenhüte gegeben werden um den pH-Wert etwas zu senken. Gefüttert wird ab dem ersten Tag alle 2 bis 3 Tage hautsächlich mit einer Mischung aus verschiedenen Fischfuttern (TertraMin, TetraDelica Krill, JBL Spirulina, JBL Novo GranoColor, Vitakraft Mückenlarve) und getrockneten Blattläusen. Je nach Futtermenge und optischer Wasserqualität wird vor jedem Füttern ein Teil des Wassers abgegossen und durch neues ersetzt. 

Nach 6-9 Wochen kommen die Hinterbeine durch und die Färbung auf dem Rücken wird langsam sichtbar, angefangen vorne am Kopf. Nach weiteren 3-5 Wochen stossen auch die Vorderbeine durch. Auch die Färbung verdeutlicht sich in dieser Zeit. Sobald sich der Schwanz beginnt zurückzubilden, muss den Tieren die Möglichkeit gegeben werden, an Land zu gehen. Dazu reduzieren wir den Wasserstand im Becher und geben diesen schräg aufliegend in ein Aufzuchtsterrarium (ca. 20x40x15xm) für Jungfrösche. Die Tiere bleiben meist noch über eine Woche im Becher bevor sie im Laub des Aufzuchtterrariums verschwinden.

 

Gefüttert werden die Jungfrösche 2 bis 4 Mal wöchentlich mit Blattläusen und Springschwänzen, nach etwa 2 Monaten auch mit kleinen Drosophila. Die Jungfrösche müssen ab etwa der zweiten Lebenswoche reichlich fressen können, wobei die Futterdichte nicht zu einem Stressfaktor für die Jungtiere werden wollten.

 

In Alter von 3 Monaten beginnen wir die Jungfrösche abzugeben. Das Geschlecht ist meist erst nach frühestens etwa 5 bis 6 Monaten zu erkennen. Männchen beginnen dann schon mit Rufen (manchmal sogar schon früher) und Weibchen werden immer fülliger. Eine 100% sichere Bestimmung ist jedoch erst möglich wenn man ein Männchen beim Rufen beobachtet hat und ein Weibchen ablaicht.

 

Fazit

R. imitator „Yurimaguas“ ist ein recht pflegeleichter Vertreter der kleinen Frösche aus der  Gattung Ranitomeya. Die paarweise Haltung ist längerfristig und zur Zucht am besten. Eine Gruppenhaltung und die Vergesellschaftung, zum Beispiel mit Dendrobates tinctorius oder anderen eher grösseren Bodenbewohnern ist anhand unserer Erfahrungen eher als heikel einzustufen und sicherheitshalber sollte in diesem Fall ein Ausweichterrarium bereit stehen. Durch die kleinen Gelege sind die Tiere nicht in übermässig grossen Stückzahlen zu züchten. Mittlerweile ist diese Variante von R. imitator aber regelmässig verfügbar in der Schweiz. 

[1] http://www.dendrobates.org/articles/Schulte1986_D.imitator.pdf

[2] http://www.iucnredlist.org/details/56378936/0

[3] Brown, Morales & Summers: A Key Ecological Trait Drove the Evolution of Biparental Care and Monogamy in an Amphibian (The American Naturalist, April 2010)

[4] Brown, Twomey, Morales & Summers: Phytotelm size in relation to parental care and mating strategies in two species of Peruvian poison frogs (2008)

[5] http://www.amphibianark.org/pdf/Husbandry/Taxon%20Management%20Plan%20-%20Ranitomeya%20imitator.pdf