Natürlicher Lebensraum:

Wir hatten das Privileg, 2016 und 2018 das Habitat von R. fantsatica «Lowland» in Peru besuchen zu können. 2016 konnten wir leider keinen einzigen R. fantastica finden, dafür aber einige R. imitator, A. hahnelii und A. trivittata. 2018 hatten wir mehr Glück und fanden neben den beiden Ameerega Arten und R. imitator auch einen einzelnen R. fantastica sowie auch mehrere R. variabilis in der klassischen und weitverbreiteten Tieflandfärbung.

 

Dieses Habitat zeichnet sich aus durch einige wenige grosse Bäume, relativ viel Unterwuchs, nur wenige potentielle Brutpflanzen und einer wahrscheinlich immer feuchten Laubschicht. Die Temperaturen waren im Wald relativ angenehm. Leider liegt es unmittelbar an einer gut ausgebauten Strasse was zu einer verstärkten Nutzung des Waldes respektive zu dessen Umwandlung in landwirtschaftlich nutzbare Flächen führt und den Fortbestand dieses tollen Fundortes bedroht.

Fotos des Habitats und der gefundenen Frösche gibt es hier:

https://www.flickr.com/photos/101009571@N07/32791101837/in/album-72157706826951561/

 

 

Terrarienhaltung:

 

Wir halten Ranitomeya fantastica „Lowland“ zur Zeit als 4er Gruppe (2.2, Nachzuchtstiere von Understorey Entreprises) in einem Terrarium mit den Massen von ca. 60x60x85cm. Das Terrarium wird mit 2x 26W LED sowie 1x 35W Metalldampflampe (Solar Raptor HQI) beleuchtet – und beheizt. Die LED-Beleuchtung brennt 11, die HQI 2 Stunden pro Tag. Kühlung oder zusätzliche Wärme wird ausschliesslich über die Raumtemperatur geregelt, hauptsächlich durch Lüften, durch offene Fenster und Türen und/oder dem Einsatz eines Deckenventilators.

 

Beregnet wird in der Trockenzeit 1-2 Mal täglich (Mittags und/oder Morgens), in der Regenzeit 2-3 Mal am Tag (Morgens und/oder Mittags sowie Abends), jeweils nur für ca. 10-20 Sekunden. So ergeben sich über das ganze Jahr hinweg gesehen Temperaturen von 18-27°C und Feuchtigkeitswerte von 60-95%. 

 

 

Terrarieneinrichtung:

 

Das Terrarium hat steile, mit Styrodur (XPS) strukturierte und mit eingefärbtem 2-Komponenten Parkettkleber (Retol) verputzte Rück- und Seitenwände. Der frisch mit dem Pinsel aufgetragene Kleber wurde mit Lehmpulver für rindenähnliche Optik oder mit einem Sandgemisch (für Steinoptik) beflockt. Zusätzlich zu den Strukturen der Rück- und Seitenwände bieten Wurzeln und Lianen zusätzliche Flächen zum Bepflanzen.

 

Zur Bepflanzung gehören verschiedene tropische Kletterpflanzen, Moose, Farne und Bromelien. Nicht bewachsene Bodenflächen sind mit Wärme behandeltem Eichen- und/oder Buchenlaub bedeckt. Entlang der Frontscheibe sammelt sich überschüssiges Wasser der Beregnung in einem Wassergraben.

 

 

Nahrung:

 

Wir füttern meist 2 bis 3 Mal in der Woche. Hauptbestandteil der Nahrung sind kleine, flugunfähige, mineralisierte Drosophila sowie Springschwänze und Blattläuse (Myzus periscae) aus. Asseln und Springschwänze etablieren sich im Terrarium und können so fast immer von den Fröschen erbeutet werden.    

 

Verhalten und Zucht:

 

R. fantastica ist im Vergleich zu anderen Ranitomeya Arten wie z.B. R. imitator eher scheu bis sehr scheu. Die Weibchen sind etwas grösser und deutlich fülliger als die Männchen. Die Frösche klettern gerne und viel und nutzen den gesammten ihnen zu Verfügung stehenden Raum.

 

Die Männchen rufen oft und ausdauernd von erhöhten Stellen oder aus Bromelien. Der Ruf ist ein sich wiederholenden „ch-ch-ch-ch“ nicht sonderlich laut und in der Lautstärke abnehmend innerhalb eines Rufes. Eine Revierbildung mit Ringkämpfen konnten wir bis jetzt nicht beobachten. Wahrscheinlich pflanzt sich nur eines der beiden Paar fort.  

 

Die Eiablage kann in der Laubschicht, auf glatten und mehr oder weniger waagerechten Blättern, oder, wenn vorhanden in Filmdosen erfolgen. Ein Gelege besteht dabei meist aus 2 bis 4 Eiern. Eine ort- und zeitgleiche Eiablage von mehr als einem Paar konnten wir bis jetzt nicht beobachten. Die Chancen, dass sich eine Quappe im Terrarium zum Frosch entwickelt ist eher gering. Schon mehrfach konnten wir den Transport von Quappen in eine Wasserstelle (Bromelientrichter, Wasserschale- oder Wassergraben) durch ein Männchen beobachten. Jungfrösche sind jedoch noch nicht zum Vorschein gekommen. Im Gegensatz zu anderen Ranitomeya Arten, z.B. R. imitator, ist die Brutpflege mit dem Quappentransport abgeschlossen.

 

 

Handaufzucht der Quappen:

 

Das Entnehmen von Gelegen kann deshalb den Zuchterfolg erhöhen. Bis zum Schlupf der Quappen muss das Gelege sehr feucht inkubiert werden, z.B. in einer Plastikschale mit Deckel und Lüftungslöchern. Die Gelege sollten nicht komplett mit Wasser zugedeckt sein. Bei Raumtemperatur dauert es 2-3 Wochen bis zum Schlupf der Quappen. Die Quappen überführen wir in einen Joghurtbecher (250ml) mit einem Wasserstand von anfangs nur etwa 5mm sowie etwas Laub. Die Quappen werden einzeln aufgezogen da sie kannibalisch veranlagt sind. Der Wasserstand wird in den ersten 2 Wochen langsam auf 250ml erhöht. Wir verwenden eine Mischung aus abgestandenem Osmose- und Leitungswasser in welches noch getrocknete Eichenblätter gegeben werden um den pH etwas zu senken. Die Wassertemperatur beträgt 20-24°C. Die Quappen werden in ihren Bechern 11 Stunden pro Tag mit Narva Biovital Leuchtstoffröhren beleuchtet. Gefüttert wird ab dem ersten Tag alle 2 bis 3 Tage hauptsächlich mit einer fein gemahlenen Mischung aus verschiedenen Zierfischfuttern. Etwa das halbe Wasservolumen wird jede Woche ersetzt. Nach ca. 6 Wochen kommen die Hinterbeine durch und die gelb-orange Färbung auf dem Kopf wird sichtbar. Nach weiteren 5-7 Wochen stossen auch die Vorderbeine durch. Danach beginnt sich der Schwanz zurückzubilden und den Tieren muss die Möglichkeit gegeben werden an Land zu gehen. Dazu reduzieren wir den Wasserstand im Becher, geben 1 bis 2 Blätter Eichenlaub in den Becher um den Landgang zu vereinfachen und stellen den Becher schräg aufliegend in eine Aufzuchtsbox für Jungfrösche. Die Tiere bleiben meist noch über 1 bis 2 Wochen im Becher bevor sie im Laub der Box verschwinden.

 

Leider haben wir recht viele Ausfälle bei der Aufzucht der Quappen. Wir versuchen die Bedingungen zu verbessern, zum Beispiel mit einem grösseren Wasservolumen.

 

Aufgezogen werden die Jungfrösche in Gruppen von maximal 6 etwa gleichaltrigen Tieren in 10L Plastikboxen, ausgestattet mit Steinen, Laub und Wurzeln. Gefüttert werden die Jungfrösche 3-4 mal wöchentlich mit Blattläusen und Springschwänzen, nach etwa 3 Monaten ab und zu auch mit kleinen Drosophila. Die Jungfrösche müssen reichlich fressen können, jedoch sollten die Futtertierdichte nicht zu hoch sein um Stress für die Frösch zu vermeiden. In den ersten Monaten sind die sehr scheuen Jungfrösche kaum zu sehen.

 

In Alter von 4-5 Monaten beginnen wir die Jungfrösche abzugeben oder stellen mögliche Paare oder Kleingruppen zusammen um diese weiter gross zu ziehen. Die Männchen beginnen teilweise schon mit nur 3 Monaten mit dem Rufen. Bei Weibchen dauert es deutlich länger bis das Geschlecht einigermassen sicher zu erkennen ist. Absolute Sicherheit gib es erst wenn Gelege vorhanden sind.

 

 

Fazit:

 

Ranitomeya fantastica «Lowland“ ist ein spektakulärer, gut für die Gruppenhaltung geeigneter Baumsteiger. Da sie vergleichsweise scheu sind und eher im Versteckten leben sind sie eher für geduldige Froschliebhaber geeignet, denen es nichts ausmacht die Tiere auch ein paar Wochen lang nicht zu sehen. Umso grösser ist dann jeweils die Freude tatsächlich einen zu entdecken.