Natürlicher Lebensraum:

Wir hatten das Privileg 2016 ein Habitat von R. flavovittata in Peru besuchen zu dürfen. Eine etwa 5 stündige Bootfahrt ab Iquitos, zuerst auf dem Amazonas, später dann auf einem Zufluss brachte uns in ein Stück «terra firme» Wald. Als «terra firme» Wald bezeichnet man leicht erhöht liegende Waldbereiche des saisonal überfluteten Tieflandregenwalds, die in der Regenzeit nicht wie die umliegenden Gebiete überflutet werden, sondern stets trocken bleiben.

 

Das besuchte Habitat zeichnet sich aus durch einige wenige grössere Bäume, jedoch keine Urwaldriesen, viel Unterwuchs, nur wenige potentielle Brutpflanzen und eine scheinbar immer feuchte Laubschicht. Die Temperaturen waren im Wald relativ angenehm, eher jedoch auf der warmen Seite. Neben R. flavovittata konnten wir im gleichen Gebiet auch R. uakarii und R. variabilis beobachten. R. flavovittata war deutlich die meistgesehene Art. Das besuchte Gebiet lieugt ziemlich abgelegen am Rande eines grossen Naturschutzgebiets und wird stark für Forschungstätigkeiten wie auch touristisch genutzt. Daher sollte es wohl nicht vor grossen Gefahren wie Abholzung oder anderen negativen Veränderungen stehen die die Zukunft der dortigen Froschpopulationen gefährden [1] . 

 

Fotos dazu gibt es hier: https://www.flickr.com/photos/101009571@N07/28716823840/in/album-72157671559322322/

 

Terrarienhaltung:                                                                                                                         

 

Wir halten Ranitomeya flavovittata als Zuchtgruppe (wahrscheinlich 2.2) in einem Dendrobatenterrarium mit Schrägboden sowie Lüftungsflächen unter der Frontscheibe und im Deckel mit den Massen von etwa (lxbxh) 50x40x50cm.

 

Das Terrarium steht in einem Regal in der oberen Etage zwischen 2 baugleichen Terrarienwürfeln. Diese werden mit 3 36W T8 Leuchtstoffröhren während etwa 11 Stunden pro Tag beleuchtet. Die Röhre (reptiglo 5.0) über der Lüftungsgaze strahlt auch UVA/-B Anteile ab. Eine zusätzliche Heizquelle wird nicht eingesetzt.

 

Beregnet wird in der Trockenzeit 1-2 Mal täglich (vor- und/oder nachmittags), in der Regenzeit 3 Mal am Tag (Morgens, Mittags sowie Abends) für jeweils 10-20 Sekunden. So ergeben sich über das ganze Jahr hinweg Temperaturen von 18-30°C[2] und Feuchtigkeitswerte von 60-100%. Die Temperatur ist dabei stark abhängig von der Raumtemperatur sowie der Messhöhe im Terrarium.

 

 

 

Einrichtung:

 

Die Rück- und Seitenwände des Terrariums sind mit Styropor modelliert und mit braun eingefärbtem Aussenmoltofill verputzt. In den noch feuchten Moltofill wurde Sand und Torf gedrückt. Leider stellte sich diese Methode als nicht sonderlich beständig heraus und der Torf wurde recht schnell ausgewaschen. Sand hält sich aber auch längerfristig sehr gut. Der Frontscheibe entlang verläuft ein Wassergraben in welchem permanent Wasser steht. Das überschüssige Sprühwasser sammelt sich dort. Der Wassergraben wird regelmässig entleert und gereinigt.

 

Um mehr Aktionsfläche zu schaffen und Feuchtigkeit besser zu speichern sind zudem Lianen- und Wurzelstücke (Mopaniholz) sowie ein Xaximstamm im Terrarium. Auf diesen sind verschiedene Epiphyten aufgebunden. Das Terrarium ist mit verschiedenen tropischen Kletterpflanzen, Farnen, Mosen sowie Bromelien bepflanzt. Nicht mit Moos bewachsene Bodenflächen sind grosszügig mit wärmebehandeltem Eichen- und Buchenlaub bedeckt.

 

 

Nahrung:

 

Wir füttern meist 2-3 Mal in der Woche. Hauptbestandteil der Nahrung machen bei R. flavovittata kleine vitaminisierte (Herpetal, Dendrocare, BiPu Vital, Repashy) Drosophila, Blattläuse (Myzus periscae) und Springschwänze (Folsomia sp.) aus. Ab und zu werden auch weisse tropische Asseln (Trichorhina tomentosa) gefüttert. Diese etablieren sich wie Springschwänze gut im Terrarium und verwerten organisches Material wie Kot und abgestorbene Pflanzenteile.   

 

 

 

Verhalten und Zucht:

 

Die  Zuchtgruppe ist sehr aktiv, mehr oder weniger immer zu sehen und scheint sich auch von neugierigen Blicken nicht gross stören zu lassen. Sie sind ähnlich zeigefreudig wie z.B. R. imitator und R. vanzolinii.  Die Frösche sind mehr oder weniger den ganzen Tag über aktiv. Schon bevor das Licht angeht sind erste Rufe zu hören, manchmal wird mehr oder weniger den ganzen Tag über gerufen, bis kurz nach dem Lichterlöschen. R. flavovittata scheint auf die sehr ähnlichen, pfeifenden Rufe von R. imitator und R. vanzolinii zu reagieren. Das ergibt teilweise langanhaltende Rufkonzerte. Aggressives Verhalten konnten wir bei der Gruppenhaltung im relativ kleinen Terrarium noch nicht beobachten.  

 

Bei der Balz rufen die Männchen ausdauernd und locken eines der Weibchen an. Gelege gibt es teilweise im Wochenrhythmus. Ob es feste Paare gibt und ob alle an den Laichaktivitäten beteiligt sind, ist unklar. Abgelaicht wird meist auf Ficusblättern hoch oben im Terrarium. Das Gelege umfasst normalerweise 2-3 fast komplett weisse Eier mit einem Durchmesser (ohne Gallerte) von etwa 2mm. Filmdosen werden nicht sonderlich gerne genutzt.

 

Wird der Laich im Terrarium gelassen, kann man die Tiere gut bei der charakteristischen Brutpflege beobachten. Etwa 2 Wochen nach der Eiablage transportiert das Männchen die grauen Quappen, die sich aus dem Ei entwickelt haben, meist einzeln in geeignete Phytotelmen. Das Männchen lockt durch Rufen das Weibchen in regelmässigen Abständen in Phytotelmen mit Quappen. Das Weibchen setzt sich kurz ins Wasser zur Quappe und legt unter Wasser meist 1-2 Eier ab. Die Chancen, dass sich die Quappen zum Frosch entwickeln sind durch diese Brutpflege sehr hoch, die Gelegegrösse ist dementsprechend klein. Zur erfolgreichen Aufzucht scheint ein überraschend geringes Wasservolumen ab nur 15ml ausreichend, wohl ähnlich wie bei R. imitator[2]

Ziehen die Elterntiere Quappen auf, reduzieren sie das Ablaichen und kümmern sich in erster Linie um die Aufzucht der vorhandenen Quappen. Werden die Gelege oder die Quappen aus dem Terrarium entnommen, werden meist sehr bald wieder neue befruchtete Gelege produziert.

 

Wir konnten auch schon Quappen im Wassergraben beobachten. Eine Versorgung mit Nähreiern konnten wir hier aber nicht beobachten. Falls die Quappen absichtlich vom Männchen in den Wassergraben gesetzt wurden wäre die wohl etwas Aussergewöhnliches in der Gattung Ranitomeya da meist deutlich kleinere Wasservolumen bevorzugt werden.

 

 

 

Handaufzucht:

 

Falls wir Gelege entdecken und eine Nachfrage nach Jungtieren dieser Art besteht, entnehmen wir das Gelege und geben es in eine Petrischale mit etwa 1 bis 2mm Wasserstand. Die Petrischale kommt in eine Plastikbox mit Deckel und Lüftungslöchern. In der Box hat es ebenfalls einige mm Wasserstand. Bei Raumtemperatur dauert es etwa 2 bis 3 Wochen bis zum Schlupf der Quappen. Die Quappen überführen wir einzeln in Joghurtbecher (150ml) mit einem Wasserstand von etwa 3mm. Die grauen Quappen werden, da sie kannibalisch sind, einzeln aufgezogen. Der Wasserstand wird in den ersten 2 Wochen langsam auf 150ml erhöht. Verwendet wird eine Mischung aus Osmose- und abgestandenem Leitungswasser in welche noch getrocknete Eichenblätter gegeben werden um den pH etwas zu absenken. Gefüttert wird ab dem ersten Tag alle 2 bis 3 Tage hautsächlich mit Fischfutter (TertraMin, TetraDelica Krill, JBL Spirulina, JBL Novo GranoColor, Vitakraft Mückenlarve). Je nach Futtermenge und optischer Wasserqualität wird vor jedem Füttern ein Teil des Wasservolumen ersetzt.

 

Nach 5-6 Wochen kommen die Hinterbeine durch. Nach weiteren 3-5 Wochen stossen auch die Vorderbeine durch. Die Quappen färben sich im Vergleich zu anderen Ranitomeya-Arten eher früh und deutlich vor dem Durchbrechen der Vorderbeine aus. Sobald sich der Schwanz beginnt zurückzubilden, muss den Tieren die Möglichkeit gegeben werden an Land zu gehen. Dazu reduzieren wir den Wasserstand im Becher und geben diesen schräg aufliegend in ein Terrarium für Jungfrösche. Die Tiere bleiben meist noch über eine oder zwei Wochen im Becher bevor sie im Laub des Aufzuchtterrariums verschwinden. Die Jungfrösche von R. flavovittata gehen von allen Ranitomeya-Arten die wir halten mit Abstand am grössten an Land und haben wohl schon deutlich über 50% der Körperlänge eines ausgewachsenen Frosches.

 

Gefüttert werden die Jungfrösche 2 bis 3 Mal wöchentlich mit Blattläusen und Springschwänzen, nach etwa zwei Monaten auch mit kleinen Drosophila.

 

In Alter von frühestens 3 Monaten beginnen wir die Jungfrösche abzugeben. Das Geschlecht ist frühestens nach etwa 5 bis 6 Monaten zu erkennen. Die Männchen beginnen dann mit Rufen und Weibchen werden immer fülliger. Die Tiere sind aber deutlich schwieriger nach Geschlecht zu unterschieden als andere Ranitomeya-Arten da auch die Männchen recht füllig sein können. Sie sind im Durchschnitt wohl aber etwas kleiner als Weibchen.

 

 

 

Fazit:

 

R. flavovittata ist ein attraktiver, aktiver Frosch. Alle Tiere besitzen eine  individuelle Musterung  aus Linien und Punkten. Je nach Licht schimmert die grundsätzlich gelbe Zeichnung auch grünlich und rötlich. Die Beine können ebenfalls sehr variabel gefärbt sein, von grau über violett bis rosa.  Auch die Bauchseite ist äusserst schön ausgefärbt. Sie ist türkisfarben mit Schwarzen Punkten, wobei der Anteil an schwarzen Punkten sehr variabel sein kann.

 

R. flavovittata scheint gut für informierte Einsteiger geeignet zu sein. Die Tiere sind im Gegensatz zu vielen anderen Arten aus dem Vanzolinii-Komplex sehr tolerant ihren Artgenossen gegenüber und können auch in kleineren Terrarien gut in Gruppen gehalten werden.

 

Die Tiere scheinen aber manchmal etwas länger zu gebrauchen bis sie sich an ein neues Terrarium gewöhnt haben und es kann zu anfangs zu Ausfällen kommen (eigene Erfahrung und Rückmeldungen). Nach dieser Eingewöhnungszeit machen die Tiere aber grosse Freude. Es ist jedes Mal unglaublich spannend die einzigartige Musterung eines Jungfrosches zu sehen.

 

Eine Vergesellschaftung mit D. tinctorius oder D. auratus scheint möglich zu sein und längerfristig erfolgreich zu funktionieren. Ein grösseres Terrarium mit mindestens 70cm Höhe ist dazu empfehlenswert.

 



[1] http://www.iucnredlist.org/details/55183/0

[2] BROWN, TWOMEY, MORALES & SUMMERS: Phytotelm size in relation to parental care and mating strategies in two species of Peruvian poison frogs (2008)

http://www.dendrobates.org/articles/Brown_etal2008_Phytotelm%20size%20and%20breeding%20strategies.pdf